In der Zusammenstellung der Konferenzangebote zum Thema Literaturverwaltung schrieb ich:
Im weiten Sinne, nämlich im Gesamtkontext (der Zukunft) des wissenschaftlichen Arbeitens, könnten die Beiträge zum Thema Informationsinfrastrukturen und Umgang mit Forschungsdaten ebenso Schnittmengen zur Literaturverwaltung enthalten. So findet am Dienstag von 16 bis 18 Uhr im Raum ECC 1 die Session „Umgang mit Forschungsdaten – Was erwartet die Wissenschaft von den Bibliotheken? “ statt. Am darauffolgenden Mittwochvormittag werden von 9 bis 12 Uhr im ECC Raum 3 unter dem Sessiontitel „Virtuelle Forschungsumgebungen – Was geht das die wissenschaftlichen Bibliotheken an?“
Schwerpunkt einer Reihe von Vorträgen sowie von einer Podiumsdiskussion sein.
So explizit wie ich es erhofft hatte, kam Literaturverwaltung in den Beiträgen nicht vor. Die thematisierte Zitierbarkeit von Forschungsdaten war jedoch ein Aspekt, welcher eng damit zusammenhängt. Nach den eher allgemein gehaltenen, einführenden Beiträgen von Gert G. Wagner (Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten, Berlin) und Stefan Winkler-Nees (DFG, Bonn) war diesbezüglich der Vortrag mit dem Titel „Die wissenschaftsorientierte Publikation von Forschungsdaten – Voraussetzungen, Modelle, Umsetzung“ von Sünje Dallmeier-Tiessen (CERN, Genf) im Rahmen der Diensttags-Session aus meiner Sicht besonders anregend. (Leider sind die Beiträge noch nicht auf dem OPUS-Server des BIB zu finden.) So naheliegend wie anschaulich zeigte die Referentin, in welchen unterschiedlichen Konstellationen Forschungsdaten publiziert werden können – so zum Beispiel vor der Veröffentlichung der Orginalpublikation, parallel dazu sowie je nach konzeptioneller Planung oder rechtlicher Lage, nach der Veröffentliung von Journalartikel o.ä. Wichtig ist letzendlich, dass die Forschungsdaten zitierfähig ergo eindeutig referenzierbar sind – z.B. durch eine DOI.
Die Konsequenzen, welche sich damit für die Zitierpraxis ergeben, sind nach meinem Kenntnisstand jedoch weder ausreichend geklärt noch intensiv diskutiert worden. Ein purer Persistent Identifier oder eine URL reichen erfahrungsgemäß für die korrekte, vollständige Zitation einer Publikation – egal in welcher Wissenschaftsdisziplin – nicht aus. Je nach Publikationstyp kommen weitere Informationen hinzu: Autor(en), Titel, Erscheinungs- und Umfangsangaben uvm. Diese waren bis dato von fachspezifischen Implikationen weitgehend unabhängig. Mit der Einbeziehung von Forschungsdaten – ein Begriff der je nach Disziplinperspektive anders definiert wird und der Umgang mit solchen per se eng von den jeweiligen wissenschaftlichen Fragestellungen und Quellen abhängt – steht die praktische Zitiertätigkeit vor einer neuen Herausforderung. Abgesehen von der – widerum offenkundig disziplinabhängigen – Grundsatzfrage „Wie sieht ein korrektes Zitat eines Forschungsdatums / eines Forschungsdatensatzes aus?“ drängt sich das Problem / die Anforderung auf, ob und inwiefern man diese mit bzw. in Zuhilfenahme von Literaturverwaltungssoftware operationalisieren kann und was schließlich dafür notwendig ist. Zwangsläufig sieht man sich mit Fragen wie diesen konfrontiert: Ist die Einführung eines neuen Publikationstyps „(Forschungs-)Datensatz“ ein gangbarer Weg? Welche Informationen sind in welcher Form, bzw. in welchen Formularfeldern unterzubringen – welche zwingend, welche optional? Gibt es hier diziplinübergreifend einen kleinsten gemeinsamen Nenner? Wie flexibel sollte der Publikationstyp vor dem Hintergrund jeweiliger fachspezifischer Anforderungen sein? Welche Auswirkungen hat dies auf die Spezifität von Zitierstilen? …
Thomson Reuters bzw. Adept Scientific, der/die Anbieter von EndNote, scheinen diese Fragen offensichtlich für sich schon beantwortet haben und legen vor: In der neuen Verson X5, sie wird – laut Aussage von Jennifer Melinn in ihrem Produktvortrag – Ende Juni für Windows, im Herbst für Mac verfügbar sein, gibt es einen Publikationstyp „Dataset“. Nur kurz war auf Anfrage einen Blick auf die Typspezifika zu erhaschen. Sofern ich mich recht erinnnere, wurde der Fokus auf die Hinterlegung weiterer Identifier gelegt…
Schon vor einer intensiveren Begutachtung des neuen EndNote-Publikationstyps ist klar, dass sich alle Softwareanbieter früher oder später mit dem Thema Forschungsdaten beschäftigen und positionieren müssen, so dass (mindestens) die bibliographischen Daten zu diesen in die jew. Software importiert, darin organisiert und adäquat für die Zitation ausgegeben werden können. Meine Auffassung: Bibliotheken könnten und sollten hier als Mediatoren zwischen Endnutzer und Anbieter agieren. In ihrem Auftrag / Anspruch attraktive Forschungsumgebungen zu entwickeln, anzubieten und zu pflegen, sehen sie sich gerade damit konfrontiert die Infrastrukturen so aufzubauen, dass Forschungsdaten nutzerfreundlich organisiert und nicht zuletzt referenziert werden können. Somit wären Bibliotheken prädistiniert dafür die Entwicklung von Literaturverwaltungssoftware aktiv anhand des Problems vom Umgang mit Forschungsdaten mitzugestalten. Gibt es in dieser Hinsicht bereits konkrete Konzepte und/oder Projekte?
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Lieber Matti,
die Slides sind vielleicht noch nicht auf dem OPUS-Server des BIB, Texte zu den Beiträgen der Session „Umgang mit Forschungsdaten – Was erwartet die Wissenschaft von den Bibliotheken?“ findest Du jedoch unter:
http://www.ratswd.de/publ/workingpapers_11.php
Beste Grüße,
Heinz
Hallo Heinz,
dankeschön für den Hinweis. Jetzt erinnere ich mich auch, dass dieser Ablageort in der Session erwähnt wurde.
Grüße
Matti