Literaturverwaltung

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Aktuelles – Analysen – Austausch zu Software und Services für die persönliche Literatur- und Wissensorganisation

ZoteroBib – Literaturverwaltung as a Service

Für Neulinge bei der Literaturverwaltung sowie bei schnellen/kleinen wissenschaftlichen Arbeiten lohnt es sich vielleicht nicht, vor dem Start eines Schreibprojektes noch ein Literaturverwaltungsprogramm mit seinen Workflows zu erlernen. Für solche Fälle sind simplere Lösungen für die Literaturverwaltung interessant.

ZoteroBib (zbib.org) ist ein simpler online Literaturverwaltungsservice, welcher komplett in Browser funktioniert ohne zusätzliche Installation einer Software oder eines Plugins und auch eine Online-Anmeldung ist nicht nötig. Mit wenigen Klicks kann man sich hier im Browser die Literaturstellen zusammenstellen und im gewünschten Zitierstil exportieren:

An animation of viewing a New York Times article, copying the URL to ZoteroBib to add a bibliography item, and copying the bibliography to Google Docs
Hinzufügen einer Literaturstelle und erstellen eines Literaturverzeichnisses mit ZoteroBib (Quelle: https://www.zotero.org/blog/introducing-zoterobib/)

Literatur kann man über ISBN, DOI oder auch generisch über eine URL hinzufügen. Dabei werden die gleichen Skripte („Translators“) genutzt wie auch bei Zotero selbst. Sofern Verlage keine Merkwürdigkeiten bei ihren Webseiten einbauen, sollten auch solche automatisierten Webseitenaufrufe gut funktionieren und keine Unterschiede zum Zotero-Picker feststellbar sein.

Das Mitspeichern des Volltextes als PDF oder andere Attachments geschieht bei ZoteroBib aber nicht. Auch sonst sind im Prinzip keine Organisations- oder Annotationsmöglichkeiten vorhanden, d.h. Notizen, Tags oder Sammlungen fehlen bei ZoteroBib. Daher sollte das Speichern von Literaturstellen und unmittelbare Verwenden dieser in einem Text als Anwendungsfall für ZoteroBib im Vordergrund stehen.

Für das Literaturverzeichnis können alle öffentlichen CSL-Zitierstile verwendet werden, was genau die gleichen unterstützten Zitierstile wie bei Zotero, Mendeley, Papers, RefWorks etc. sind. Im Gegensatz zu einer Integrationslösung ist der Export bei ZoteroBib aber eine einmalige Sache, d.h. Änderungen werden dann nicht automatisch nachgeführt sondern erfordern einen erneuten Export in das Schreibprogramm. Als Exportformate stehen RTF (z.B. für MS Word, LibreOffice Writer), HTML, RIS, BibTeX zur Verfügung.

Die gefundenen Literaturangaben bleiben im Browser lokal gespeichert (local storage) und sind auch nach dem Schließen des Browsers beim erneuten Webseitenbesuch wieder verfügbar. Zudem ist es möglich über einen Link die Daten mit jemanden anderen zu teilen. Dazu werden diese aber zuerst auf einen Server hochgeladen und sind darüber für eine gewisse Zeit verfügbar.

Mit ZoteroBib gibt es also eine kostenlose „Literaturvewaltung as a Service“ ohne Werbung und mit Bedacht auf Datenschutz, geeignet um mal schnell was auszuprobieren oder für kleinere Schreibprojekte mit wenigen Referenzen oder wenn es mal schnell gehen muss.

Dies Blogbeitrag ist Teil der der Adventskalender Blogparade:

Logo von Netzwerkeln mit Weihnachtsmütze

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Zitiergewohnheiten: Wichtigkeit der einzelnen Metadatenelementen

Vor einer Woche habe ich über Twitter eine Umfrage gestartet mit einer Frage nach den Zitiergewohnheiten und insbesondere der Wichtigkeit der einzelnen Metadatenelementen. Hier ist das Resultat der (nicht repräsentativen) Umfrage mit insgesamt 52 Stimmen:

https://twitter.com/zuphilip/status/841622053329461248

Zuerst einmal vielen Dank an alle, die selbst mitgemacht haben, den Tweet retweetet haben oder ausführlicher geantwortet haben. Im Folgenden versuche ich ein paar Gedanken zu dem Ergebnis zu geben und auch auf die Kommentare einzugehen.

Aufsatztitel vs. Zeitschriftentitel

Ursprünglich wollte ich bei der Umfrage nur diese beiden Optionen anbieten, aber habe dann noch zusätzlich die doi und ISSN als weitere Optionen aufgenommen.

Häufiger wird der Aufsatztitel (40 %) als drittwichtigstes Element angegeben als im Vergleich der Zeitschriftentitel (19 %). Im Aufsatztitel erfährt man ja häufig etwas über den Aufsatz selbst, ob dieser sich mit Gravitionswellen, DNA oder Künstlicher Intelligenz beschäftigt, wohingegen alle diese Artikel in der gleichen Zeitschrift erscheinen könnten, z. B. Nature. Auf der anderen Seite können Titel von wissenschaftlichen Veröffentlichungen aber auch gerade sehr generisch sein, z. B. „Versuche über Pflanzenhybriden“.

Der Zeitschriftenname ist wiederum wichtig um den Artikel etwa im gedruckten Bestand einer Bibliothek zu lokalisieren. Dabei folgt dem Zeitschriftennamen dann aber auch traditionellerweise die Angabe zum Band, Heft und Seitenzahlen. Mir ist gerade kein Zitierstil bekannt, bei dem nach dem Zeitschriftennamen noch der Aufsatztitel folgt. Die Reihenfolge der Metadatenelemente folgt also nicht notwendigerweise der Wichtigkeit dieser Elemente.

Darüber hinaus wird der Zeitschriftenname häufig als ein erstes Indiz für die Qualität eines Aufsatzes herangezogen, wie etwa mit dem Impact-Faktor, auch wenn sich dies als nicht adäquates Mittel herausgestellt hat.

Einige Disziplinen bzw. Zitierstile verzichten auch komplett auf die Angabe vom Artikeltitel wie dies in einem Kommentar für die Chemie erwähnt wird. Ebenfalls habe ich bei den Juristen oder Physikern (Abb. 1) gesehen, dass deren Zitierstile häufig den Aufsatztitel gar nicht angeben.

andp201600209.png

Abb. 1: Literaturverzeichnis aus den Annalen der Physik (2016-02-09)

Identifikatoren vs. Name

Die doi wird etwa gleich häufig genannt (38 %) wie der Aufsatztitel (40 %). Somit gibt es etwa gleich viele Stimmen, welche die doi wichtiger als den Aufsatztitel sehen, wie es Stimmen gibt, welche den Aufsatztitel wichtiger als die doi sehen. Natürlich haben  nicht alle Artikel eine doi (wie auch in einem Kommentar erwähnt wurde) und daher ist der Vergleich bzw. Bevorzugung im Allgemeinen schwierig. Viele Zitierstile geben sowohl die doi wie auch den Aufsatztitel oder andere traditionelle Identifikationsmerkmale eines Artikels beim Zitieren an.

So gut wie keine Bedeutung scheint die Angabe von ISSN (nur 3 %) zu finden, obwohl dies im gleichen Sinne ein Identifikator für den Zeitschriftentitel ist. Daraus schließe ich, dass im Allgemeinen nicht Identifikatoren vor Namen bevorzugt werden. Vielmehr scheint es so, dass die doi als wichtig empfunden wird, da es sich hier um eine auflösbare, permanente URL handelt, welche auch gleich den Artikel leicht auffindbar macht.

Jahreszahl nach hinten

Ein Historiker hat auch gemeint, dass der Aufsatztitel noch wichtiger sei, als die Jahreszahl und somit besser an zweiter Stelle stehen sollte. Im Prinzip habe ich durch die Formulierung der Frage eher einen Harvard-Zitierstil vorgegeben, d.h. nach dem Autor-Jahr-Schema. Die Jahreszahl nach hinten schieben kenne ich dann von medizinischen Zitierstilen (vgl. Abb. 2) unter dem Begriff Vancouver-Stil.

bmc-genomics-2015

Abb. 2: Ausschnitt aus dem Literaturverzeichnis eines Artikels in BMC Genomics (2015)

 

Autorennamen als wichtigstes Element?

Bereits in der Fragestellung hatte ich die Autorennamen als wichtigstes Element angegeben. Natürlich kann man auch dies hinterfragen und das wurde auch gemacht (aus einem Kommentar: „alles andere [neben doi und Seitenangabe] ist Bonusmaterial“).

Ich empfinde gerade die Autorennamen schon häufig als wichtigstes Element um eine wissenschaftliche Erkenntnis zu würdigen. Bei bahnbrechenden neuen Erkenntnissen wird ja dann auch der Autorenname verwendet um diese Theorie zu benennen, z. B. Satz von Pythagoras, Einstein’sche Relativitätstheorie, Nash Gleichgewicht in der Spieltheorie.

(Übrigens sind für Twitter 7 Tage Umfragezeitraum zu lang und so gut wie alle Antworten kamen bereits in den ersten 1-2 Tagen.)

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Umfragezahlen zu Literaturverwaltung

Aus der jüngsten Umfrage zum Einsatz von Tools beim wissenschaftlichem Arbeiten (101 innovations) sind die Daten veröffentlicht worden. Die Umfrage lief über 9 Monate und hat über 20.000 Antworten aus der gesamten Welt bekommen. Eine Frage zielte auch auf Tools zur Literaturverwaltung ab: „What tools/sites do you use for reference management?“. Aus den abgegebenen Antworten kombiniert mit anderen Feldern habe ich einige Auswertungen gemacht.

Details zu der Auswertung: Vorgängig habe ich die zusätzlichen Freitext-Antworten bei dieser Frage noch etwas weiter ausgewertet und drei neue Kategorien erstellt (BibTeX et al., Reference Manager und „by hands“). Die Frage ließ mehrfache Antworten zu, welche ich hier einfach gleich addiere, d.h. wenn jemand sowohl Citavi wie auch Zotero angeklickt hat, dann wird dies gleich gezählt, wie wenn zwei Personen  jeweils das eine Tool anklicken.

Rolle

Als erstes habe ich die genannten Literaturverwaltungssoftware in Abhängigkeit der angegebenen Rolle ausgewertet. Zur vereinfachten Darstellung habe ich dabei auf die weiteren Rollen (Industrie, Verlag, Sonstiges) verzichtet. Die folgende Grafik zeigt die Antworten eingeschränkt auf Deutschland wieder:

rolle-litverw

Einige Punkte fallen bei den Zahlen auf:

  • Endnote wird wesentlich häufiger von Professoren benutzt.
  • Citavi ist besonders ausgeprägt bei den Studierenden und Bibliothekaren im Gebrauch.
  • Zotero und Mendeley wurde von den Forschern etwa gleich oft genannt, aber bei den Studierenden und Bibliothekaren ist Zotero wesentlich beliebter.

Disziplinen

Pro Disziplin habe ich die eingesetzten Tools (deutschlandweit) prozentual ausgewertet:

discipline-litverw-corr.png

(Update vom 28.04.2016: Bei der Auswertung habe ich ursprünglich einen Fehler gemacht und die Zahlen beim Reference Manager nicht auf Deutschland eingeschränkt. Dies führte im falschen Diagramm zu Verzerrungen insbesondere bei der Medizin. Beim obigen Diagramm ist der Fehler jetzt korrigiert.)

Einige Punkte fallen bei den Zahlen auf:

  • BibTeX mit verschiedenen weiteren Tools ist besonders in den Natur- und Ingenieurwissenschaften ein wichtiger Teil.
  • Citavi wird besonders häufig in den Sozial- und Geisteswissenschaften eingesetzt.
  • Reference Manager wird in der Medizin noch häufig genutzt. EndNote wird in der Medizin und in Lebenswissenschaften häufig genutzt.

Länder

Alle Länder mit mindestens 50 Antworten zu Literaturverwaltung habe ich im Folgendem betrachtet. Pro Land kann man dann die prozentuale Verteilung der Tools berechnen und sieht wo welches Tool besonders häufig erwähnt wird bzw. umgekehrt kann man für jedes Tool die Länder angeben mit der höchsten prozentualen Erwähnung.

Endnote Top5-Länder: (1) Taiwan: 75,3 %, (2) Iran: 69,4 %, (3) China: 69,1 %, (4) South Korea: 62,7 %, (5) Australia: 61,8 %

In diesen Ländern wurde Endnote in über 60 Prozent der Fälle genannt, aber diese überaus hohen Zahlen kann ich mir nicht wirklich erklären. In Deutschland nimmt Endnote einen Anteil von 20,9 % ein.

Zotero Top5-Länder: (1) France: 30,7 %, (2) Switzerland: 25,9 %, (3) Argentina: 24,3 %, (4) Poland: 22,5 %, (5) Italy: 21,7 %

Frankreich hat einige sehr aktive Zotero-Nutzer. Bei den anderen Ländern habe ich keine weitere Information. Im Vergleich Deutschland hat einen Anteil von 16,5 % bei Zotero.

Mendeley Top5-Länder: (1) Portugal: 41,1 %, (2) Colombia: 33,1 %, (3) Nigeria: 33,0 %, (4) Chile: 32,9 %, (5) Malaysia: 29,7 %

Bei der Umfrage kam Mendeley auch für andere Funktionen als mögliche Antwort auf, so dass diese Zahlen hier evt. auch nur die Nutzung von Mendeley speziell für die Literaturverwaltung widerspiegeln. Zum Vergleich in Deutschland wurde Mendeley in 12,4 % erwähnt.

Citavi Top5-Länder: (1) Germany: 27,3 %, (2) Austria: 17,3 %, (3) Poland: 5,0 %, (4) Russia: 4,8 %, (5) Switzerland: 2,8 %

Erwartungsgemäß sind bei Citavi unter den Top5-Ländern die deutschsprachigen Länder vertreten. Interessant ist aber, dass in der Schweiz die prozentuale Nennung von Citavi bei der Umfrage unter drei Prozent lagen und damit gerade etwa ein Zehntel wie in Deutschland.

 

Was lest ihr noch aus den Zahlen bzw. Auswertungen hier heraus? Gibt es Überraschungen oder Einschätzungen, welche damit bestätigt werden?

Philipp Zumstein

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