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Zitiergewohnheiten: Wichtigkeit der einzelnen Metadatenelementen

Vor einer Woche habe ich über Twitter eine Umfrage gestartet mit einer Frage nach den Zitiergewohnheiten und insbesondere der Wichtigkeit der einzelnen Metadatenelementen. Hier ist das Resultat der (nicht repräsentativen) Umfrage mit insgesamt 52 Stimmen:

https://twitter.com/zuphilip/status/841622053329461248

Zuerst einmal vielen Dank an alle, die selbst mitgemacht haben, den Tweet retweetet haben oder ausführlicher geantwortet haben. Im Folgenden versuche ich ein paar Gedanken zu dem Ergebnis zu geben und auch auf die Kommentare einzugehen.

Aufsatztitel vs. Zeitschriftentitel

Ursprünglich wollte ich bei der Umfrage nur diese beiden Optionen anbieten, aber habe dann noch zusätzlich die doi und ISSN als weitere Optionen aufgenommen.

Häufiger wird der Aufsatztitel (40 %) als drittwichtigstes Element angegeben als im Vergleich der Zeitschriftentitel (19 %). Im Aufsatztitel erfährt man ja häufig etwas über den Aufsatz selbst, ob dieser sich mit Gravitionswellen, DNA oder Künstlicher Intelligenz beschäftigt, wohingegen alle diese Artikel in der gleichen Zeitschrift erscheinen könnten, z. B. Nature. Auf der anderen Seite können Titel von wissenschaftlichen Veröffentlichungen aber auch gerade sehr generisch sein, z. B. „Versuche über Pflanzenhybriden“.

Der Zeitschriftenname ist wiederum wichtig um den Artikel etwa im gedruckten Bestand einer Bibliothek zu lokalisieren. Dabei folgt dem Zeitschriftennamen dann aber auch traditionellerweise die Angabe zum Band, Heft und Seitenzahlen. Mir ist gerade kein Zitierstil bekannt, bei dem nach dem Zeitschriftennamen noch der Aufsatztitel folgt. Die Reihenfolge der Metadatenelemente folgt also nicht notwendigerweise der Wichtigkeit dieser Elemente.

Darüber hinaus wird der Zeitschriftenname häufig als ein erstes Indiz für die Qualität eines Aufsatzes herangezogen, wie etwa mit dem Impact-Faktor, auch wenn sich dies als nicht adäquates Mittel herausgestellt hat.

Einige Disziplinen bzw. Zitierstile verzichten auch komplett auf die Angabe vom Artikeltitel wie dies in einem Kommentar für die Chemie erwähnt wird. Ebenfalls habe ich bei den Juristen oder Physikern (Abb. 1) gesehen, dass deren Zitierstile häufig den Aufsatztitel gar nicht angeben.

andp201600209.png

Abb. 1: Literaturverzeichnis aus den Annalen der Physik (2016-02-09)

Identifikatoren vs. Name

Die doi wird etwa gleich häufig genannt (38 %) wie der Aufsatztitel (40 %). Somit gibt es etwa gleich viele Stimmen, welche die doi wichtiger als den Aufsatztitel sehen, wie es Stimmen gibt, welche den Aufsatztitel wichtiger als die doi sehen. Natürlich haben  nicht alle Artikel eine doi (wie auch in einem Kommentar erwähnt wurde) und daher ist der Vergleich bzw. Bevorzugung im Allgemeinen schwierig. Viele Zitierstile geben sowohl die doi wie auch den Aufsatztitel oder andere traditionelle Identifikationsmerkmale eines Artikels beim Zitieren an.

So gut wie keine Bedeutung scheint die Angabe von ISSN (nur 3 %) zu finden, obwohl dies im gleichen Sinne ein Identifikator für den Zeitschriftentitel ist. Daraus schließe ich, dass im Allgemeinen nicht Identifikatoren vor Namen bevorzugt werden. Vielmehr scheint es so, dass die doi als wichtig empfunden wird, da es sich hier um eine auflösbare, permanente URL handelt, welche auch gleich den Artikel leicht auffindbar macht.

Jahreszahl nach hinten

Ein Historiker hat auch gemeint, dass der Aufsatztitel noch wichtiger sei, als die Jahreszahl und somit besser an zweiter Stelle stehen sollte. Im Prinzip habe ich durch die Formulierung der Frage eher einen Harvard-Zitierstil vorgegeben, d.h. nach dem Autor-Jahr-Schema. Die Jahreszahl nach hinten schieben kenne ich dann von medizinischen Zitierstilen (vgl. Abb. 2) unter dem Begriff Vancouver-Stil.

bmc-genomics-2015

Abb. 2: Ausschnitt aus dem Literaturverzeichnis eines Artikels in BMC Genomics (2015)

 

Autorennamen als wichtigstes Element?

Bereits in der Fragestellung hatte ich die Autorennamen als wichtigstes Element angegeben. Natürlich kann man auch dies hinterfragen und das wurde auch gemacht (aus einem Kommentar: „alles andere [neben doi und Seitenangabe] ist Bonusmaterial“).

Ich empfinde gerade die Autorennamen schon häufig als wichtigstes Element um eine wissenschaftliche Erkenntnis zu würdigen. Bei bahnbrechenden neuen Erkenntnissen wird ja dann auch der Autorenname verwendet um diese Theorie zu benennen, z. B. Satz von Pythagoras, Einstein’sche Relativitätstheorie, Nash Gleichgewicht in der Spieltheorie.

(Übrigens sind für Twitter 7 Tage Umfragezeitraum zu lang und so gut wie alle Antworten kamen bereits in den ersten 1-2 Tagen.)

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Deutsche (Neu)Ausgabe der “DIN ISO 690:2010“

Das Weblog Nachrichten für Öffentliche Bibliotheken in NRW weist darauf hin, dass DIN 1505 (Zitierregeln) zurückgezogen werden soll und durch die deutsche (Neu)Ausgabe der “DIN ISO 690:2010 – Information und Dokumentation – Richtlinien für Titelangaben und Zitate von Informationsressourcen” ersetzt werden soll. Hierfür gibt es jetzt ein Stellungnahmeverfahren, man den Normentwurf nach einmaliger Registrierung im Normenentwurfsportal bis Ende Februar 2013 einsehen und kommentieren unter http://bit.ly/RQMybp. – Ich habe kurz hineingeschaut: Leider ist es auch weiterhin möglich, den Vornamen einer Autorin/eines Autors abzukürzen. Das war schon zu erwarten, da manche us-amerikanische citation styles standardmäßig mit abgekürzten Vornamen arbeiten, doch ist dies in meinen Augen eine der unseligen „Pfadabhängigkeiten“ (man kann auch Traditionen dazu sagen) aus der Ära der Zettelkataloge, als man Platz sparen musste.

Jürgen Plieninger

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